Rechtsverteidigung bei Abmahnungen, unerlaubter Verwertung Werkes “So Good To Me”

Im Rahmen meiner Beratungspraxis werden mir Mandate mit Abmahnungen wegen vermeintlich illegalen Downloads (im Rahmen sog. Peer to Peer Tauschbörsen wie Torrent, Emule etc.) des Werkes “So Good To Me” im Namen der DigiRights Administration GmbH (Künstler Chris Malinchak) ausgesprochen, zur Kenntnis gebracht. Die Abmahnung wurde von Rechtanwalt Daniel Sebastian ausgesprochen. Im Rahmen des vermeintlichen Verstoßes wurden festgestellt: Datum, Uhrzeit, IP-Adresse.

Zu beachten ist nunmehr auch die Rechtsprechung des AG Hamburg zurHerabsetzung/Bemessung des Streitwertes (AG Hamburg, Az. 31 a C 108/13).

Neben der Unterlassungserklärung wird für die Kosten der Rechtsverfolgung und der vermeintlichen Schadensersatzansprüche einen pauschalen Betrag gefordert. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die anwaltliche Tätigkeit als solche und darüber hinaus Schadensersatz in Form einer angemessenen Nutzungsgebühr (Lizenzanalogie) geltend gemacht würde.

Dabei gilt zu berücksichtigen, dass je nach Einzelfall folgende Punkte zur Verteidigungangeführt werden können und überprüft werden sollten:

a)       Nachweis der Lizenzinhaberschaft

b)       Prozentsatz der Gesamtdatei, die heruntergeladen bzw. angeboten wurde

c)       fremder Zugriff auf das unverschlüsselte W-LAN Netzwerk

d)       Einbruch in das verschlüsselte W-LAN Netzwerk durch Dritte

e)       rechtsmissbräuchliche Massenabmahnung

f)        HASH-Wert

g)     ggf. § 97a UrhG – Deckelung der Abmahnkosten auf 100 € in einem einfach gelagerten

Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen

Verkehrs

h)     IP-Adressen-Prüfung – fehlerhafte Beweissicherung durch die Antipiracyfirmen

i)      überhöhter Streitwert – nunmehr AG Hamburg, Az. 31 a C 108/13 (1000,00 €,)

j)     überhöhte Rechtsverfolgungskosten / Anwaltskosten

k)    aktuelle (im besonderen bei pornographischen Filmen) „schöpferische Schwelle“,

Beschluss Landgericht München I, Az.: 7 O 22293/12

i)     Sonstige

Neue Aspekte der Rechtsverteidigung ergeben sich nunmehr auch aus den Ausführungen des LG Frankfurt a.M.(LG Frankfurt a.M. vom 22.09.2009, Az. 2-18 O 162/09) und auch des LG Köln zur vermeintlichen Haftung für Familienangehörige. Ein Unterlassungsanspruch kann danach ausscheiden, wenn der Betroffene Anschlussinhaber vortragen kann, dass sein PC ausgeschaltet war und hierfür Orte, Zeiten und Zeugen benennen kann. Durchaus neue Denkansätze folgen aus der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 13.04.2012, Az. 1 BvR 2365/11). Das Landgericht Köln (LG Köln, Urteil vom 11.09.2012, 33 O 353/11) hat in einem jüngeren Urteil die bisherige Rechtsprechung bestätigt, wobei  im Fall von Urheberrechtsverletzungen keine Haftung des Anschlussinhabers “per se” begründet ist, wenn dieser darlegen kann, dass er nicht der alleinige Nutzer des Internetanschlusses ist

Zudem gibt es neue Auffassungen im Bereich der Lizenzinhaberschaften, namentlich der sog „Aktivlegitimation“ (d.h. wer denn überhaupt wen verklagen darf).

Es bestehen somit verschiedene im Einzelfall zu prüfende Rechts- und Verteidigungsmöglichkeiten. Hier seien – vorbehaltlich eine Prüfung des Einzelfalls – nur genannt: Prüfung eventuelle fehlerhafter IP-Adressen, fehlerhafte Beweissicherung, sog. Fake-Dateien, Teil- Gesamtdatei, fremder Zugriff auf das unverschlüsselte W-LAN Netzwerk, illegaler Einbruch in das (verschlüsselte) W-LAN Netzwerk durch Dritte, rechtsmissbräuchliche Massenabmahnung, § 97a UrhG – Deckelung der Abmahnkosten, Lizenzinhaberschaft, überhöhte Lizenzforderung, überhöhter Streitwert, überhöhte Rechtsverfolgungs- und Anwaltskosten.

Bei den regelmäßig beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärungen der Gegenseite ist Vorsicht geboten: diese Erklärungen sind oftmals zu weit gefasst, sodass für den Erklärenden langfristige Verpflichtungen entstehen können. Ohne eingehende rechtliche Überprüfung sollte diese Unterlassungserklärung nicht abgegeben werden. Es handelt sich hierbei um ein Schuldanerkenntnis, das bis zu 30 Jahre Bestand haben kann.

Die Abmahnung sollte nicht einfach “weggelegt” werden, weil ja ohnehin “nichts passieren wird”. Im Falle des Untätigbleibens besteht das Risiko eines gerichtlichen Prozesses, durch den erhebliche weitere Kosten entstehen können. Zudem häufen sich derzeit die auf Schadensersatz gerichteten Klagen.

Interessant ist ferner,  dass am 27.06.2013 wurden Neuregelungen gegen „unseriöse Geschäftspraktiken” durch den Bundestag beschlossen wurden (BT-Drs. 17/13057, 17/14192). Demnach sollen bei entsprechenden Abmahnungen die (Anwalts-)Gebühren in künftigen Fällen „gedeckelt“ werden. Daran anschließend hat das AG Hamburg nunmehr den Streitwert in anhängigen Verfahren geringer – anstatt des hohen Urheberrechtsstreitwertes – auf lediglich 1000,00 € – festgelegt (AG Hamburg, Az. 31 a C 108/13).

Weiterhin gilt künftig der neue § 104a UrhG: „§ 104a Gerichtsstand

(1) Für Klagen wegen Urheberechtsstreitsachen gegen eine natürliche Person, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk diese Person zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn die beklagte Person im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(2) § 105 bleibt unberührt.“

Daraus folgt, dass natürliche Personen künftig grundsätzlich vor dem Gericht verklagt werden müssen, das für den Wohnort des Beklagten zuständig ist.

Hinzu wird künftig ein Gegenanspruchs für Abgemahnte eingeführt: „§ 97a Absatz 4 UrhG lautet:…

(4) Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.“

Noch steht die Zustimmung des Bundesrates aus, so dass noch keine Angaben zum Zeitpunkt der Inkrafttretens gemacht werden können – gleichwohl sind bereits „Vorboten“ zu erkennen (sie oben. AG Hamburg).

Es ist dringend anzuraten, die Unterlassungserklärung zu prüfen und auch die weiteren rechtlichen und taktischen (Reaktions-) Möglichkeiten abzuwägen.

 

Gerne berate ich Sie sofort, wenn Sie eine solche Abmahnung erhalten haben.

 

Rechtsanwalt Dr. Stephan Schmelzer, Fachanwalt IT-Recht, Fachanwalt Arbeitsrecht, http://www.ra-schmelzer.de, Ostberg 3, 59229 , Tel.: 02382.6646

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