Rechtsverteidigung bei Abmahnungen, hier: wegen unerlaubter Verwertung des Films „American Sniper – Die Geschichte des Scharfschützen Chris Kyle“

Die Abmahnung wurde von der Kanzlei Waldorf Frommer ausgesprochen. Im Rahmen des vermeintlichen Verstoßes wurden festgestellt: Datum, Uhrzeit, IP-Adresse, HASH-Wert.

Neben der Unterlassungserklärung wird für die Kosten der Rechtsverfolgung und der vermeintlichen Schadensersatzansprüche einen pauschalen Betrag gefordert. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die anwaltliche Tätigkeit als solche und darüber hinaus Schadensersatz in Form einer angemessenen Nutzungsgebühr (Lizenzanalogie) geltend gemacht würde.

Dabei gilt zu berücksichtigen, dass je nach Einzelfall folgende Punkte zur Verteidigung angeführt werden können und überprüft werden sollten:

  1. a) Nachweis der Lizenzinhaberschaft
  2. b) Prozentsatz der Gesamtdatei, die heruntergeladen bzw. angeboten wurde
  3. c) fremder Zugriff auf das unverschlüsselte W-LAN Netzwerk
  4. d) Einbruch in das verschlüsselte W-LAN Netzwerk durch Dritte
  5. e) rechtsmissbräuchliche Massenabmahnung
  6. f) HASH-Wert
  7. g) § 97a UrhG – Deckelung der Abmahnkosten auf 100 € in einem einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichenVerkehrs
  8. h) IP-Adressen-Prüfung – fehlerhafte Beweissicherung durch die Antipiracyfirmen
  9. i) überhöhter Streitwert – nunmehr AG Hamburg , Az. 31 a C 108/13 (1000,00 €) – aber: AG München wohl ablehnend bzgl. Altfällen(158 C 17155/12)
  10. j) überhöhte Rechtsverfolgungskosten / Anwaltskosten
  11. k) aktuelle (im besonderen bei pornographischen Filmen) „schöpferische Schwelle“,Beschluss Landgericht München I, Az.: 7 O 22293/12
  12. l) Hinweis- und Kontrollpflichten gegenüber minderjährigen Kindern
  13. m) (wohl) keine Hinweispflichten auf volljährige Familienmitglieder (AG Hamburg, Urteil v. 28.04.2014 31c C 53/13)
  14. n) Sonstige

Neue Aspekte der Rechtsverteidigung ergeben sich nunmehr auch aus den Ausführungen des LG Frankfurt a.M. und auch des LG Köln zur vermeintlichen Haftung für Familienangehörige. Ein Unterlassungsanspruch kann danach ausscheiden, wenn der Betroffene Anschlussinhaber vortragen kann, dass sein PC ausgeschaltet war und hierfür Orte, Zeiten und Zeugen benennen kann. Durchaus neue Denkansätze folgen bereits aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 13.04.2012, Az. 1 BvR 2365/11). Der Anschlussinhaber kann gewöhnlich nicht im Wege der Störerhaftung für die Urheberrechtsverletzung des Ehegatten in Anspruch genommen werden (OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.03.2013, 11 W 8/13). Das Landgericht Köln (LG Köln, Urteil vom 11.09.2012, 33 O 353/11) hat in einem Urteil die bisherige Rechtsprechung bestätigt, wobei  im Fall von Urheberrechtsverletzungen keine Haftung des Anschlussinhabers „per se“ begründet ist, wenn dieser darlegen kann, dass er nicht der alleinige Nutzer des Internetanschlusses ist. Gerade hat auch das Amtsgericht Stuttgart (in einem noch nicht rechtskräftigen Verfahren) ausgeführt, dass die sekundäre Darlegungslast nicht zu einer Umkehr der Beweislast und auch nicht zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers führt, Informationen bzw. Sachverhalte für den Anspruchsteller und dessen Prozesserfolg benötigten Tatsachenstoff zu verschaffen (AG Stuttgart, Urteil vom 30.09.2015, Az.: 50 C 2534/15).

Zudem gibt es neue Auffassungen im Bereich der Lizenzinhaberschaften, namentlich der sog „Aktivlegitimation“ (d.h. wer denn überhaupt wen verklagen darf).

Es bestehen somit verschiedene im Einzelfall zu prüfende Rechts- und Verteidigungsmöglichkeiten. Hier seien – vorbehaltlich eine Prüfung des Einzelfalls – nur genannt: Prüfung eventuelle fehlerhafter IP-Adressen, fehlerhafte Beweissicherung, sog. Fake-Dateien, Teil- Gesamtdatei, fremder Zugriff auf das unverschlüsselte W-LAN Netzwerk, illegaler Einbruch in das (verschlüsselte) W-LAN Netzwerk durch Dritte, rechtsmissbräuchliche Massenabmahnung, § 97a UrhG – Deckelung der Abmahnkosten, Lizenzinhaberschaft, überhöhte Lizenzforderung, überhöhter Streitwert, überhöhte Rechtsverfolgungs- und Anwaltskosten.

Bei den regelmäßig beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärungen der Gegenseite ist Vorsicht geboten: diese Erklärungen sind oftmals zu weit gefasst, sodass für den Erklärenden langfristige Verpflichtungen entstehen können. Ohne eingehende rechtliche Überprüfung sollte diese Unterlassungserklärung nicht abgegeben werden. Es handelt sich hierbei um ein Schuldanerkenntnis, das bis zu 30 Jahre Bestand haben kann.

Die Abmahnung sollte nicht einfach „weggelegt“ werden, weil ja ohnehin „nichts passieren wird“. Im Falle des Untätigbleibens besteht das Risiko eines gerichtlichen Prozesses, durch den erhebliche weitere Kosten entstehen können. Zudem häufen sich derzeit die auf Schadensersatz gerichteten Klagen.

Interessant ist ferner, dass seit dem 09.10.2013 das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ (BGBl 2013 Teil I Nr. 59, Seite 3714) in Kraft getreten ist. Demnach sollen bei entsprechenden Abmahnungen die (Anwalts-)Gebühren nunmehr „gedeckelt“ werden (Streitwert 1000,00 €, Anwaltsgebühren 130,00 €). Dies sehen einige „Abmahnanwälte“ immer noch anders.

Es ist dringend anzuraten, die Unterlassungserklärung zu prüfen und auch die weiteren rechtlichen und taktischen (Reaktions-) Möglichkeiten abzuwägen.

 

 

Gerne berate ich Sie sofort, wenn Sie eine solche oder ähnliche  Abmahnung erhalten haben.

 

Rechtsanwalt Dr. Stephan Schmelzer, Fachanwalt IT-Recht, Fachanwalt Arbeitsrecht, http://www.ra-schmelzer.de, Ostberg 3, 59229 Ahlen, Tel.: 02382.6646

 

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